Rede im Gemeinderat von Klaus Herrmann, Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion

Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

die Kommunen, und damit auch wir in der Stadt Ludwigsburg, stehen vor den Scherben der verfehlten Flüchtlingspolitik der Bundesregierungen der letzten Jahre. An den Kommunen als letzte Ebene vor Ort bleibt alles hängen. Frau Merkel hat viele Fehler gemacht, das habe ich schon mehrfach thematisiert. Um ein Vielfaches wird das aber von der jetzigen Regierung getoppt. Frau Innenministerin Faeser sagte im Bundestag im letzten November sinngemäß, dass das Flüchtlingsthema kein so großes Thema sei. Die Grünen verweigern sich selbst kleinsten Lösungen auf europäischer Ebene.

In Ländern machen Mails die Runde, „nach Deutschland kann man ja kommen“, Anträge, wie „wir sind ein sicherer Hafen“, tragen auch dazu bei. Wir schaffen das schon lange nicht mehr so, wie wir das mal gedacht haben. Wer das sagt, wie ich es gerade gesagt habe, ist nicht radikal, sondern er nimmt die Sorgen und Nöte der Bevölkerung ernst und hat das Ohr am Volk, und zwar an der Breite des Volkes.

Wie ist nun die Situation in Baden-Württemberg, im Landkreis Ludwigsburg und hier in der Stadt?

Wir müssen in diesem Jahr etwa Eintausend Flüchtlinge aufnehmen. Wie viele es genau sind, weiß man noch nicht. Das Jahr ist ja erst zur Hälfte vorbei. Ich möchte mich ausdrücklich bei der Bevölkerung bedanken, die vieles gemacht hat: Die Arbeit mit Flüchtlingen, die Mithilfe bei der Integration, das Einführen in unsere Kultur und vieles mehr. Der Arbeitskreis Asyl ist da sehr engagiert tätig, die Kirchen sind sehr engagiert tätig. Aber im Gemeinderat in Tamm hat, als es um die Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) ging, ein Vertreter des dortigen Arbeitskreises Asyl gesagt, sie seien am Ende ihrer Leistungsmöglichkeiten. Es gibt auch, das will ich ausdrücklich betonen, zahlreiche Vermieter in Ludwigsburg, die Wohnungen für Geflüchtete zur Verfügung stellen.

Die Verwaltung hat früh reagiert, Containerstandorte gesucht und Vorschläge unterbreitet, die heute auf dem Tisch liegen. Für uns ist das wichtig, denn wir wollen nicht, dass ständig Wohnungen angemietet werden, die damit dem Markt entzogen werden und für andere nicht mehr zu Verfügung stehen. Die Verwaltung hat im Bauausschuss und im Bildungs- und Sozialausschuss zunächst nicht-öffentlich die Standorte vorgestellt und dann vorgesehen, dass wir am 12. Juli 2023 im Gemeinderat in öffentlicher Sitzung die Thematik beraten und einen Beschluss fassen.

Die CDU war es, die in den Ausschüssen angeregt hat, dass zwischen der öffentlichen Einbringung und der öffentlichen Verabschiedung eine Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt stattfindet. Wir wollen nicht, dass das im stillen Kämmerlein beraten und im Eiltempo durchgepeitscht wird. In öffentlicher Sitzung am 12. Juli 2023 war die Einbringung im Gemeinderat. Es kam auch ein großer Bericht in der Ludwigsburger Kreiszeitung. Am darauffolgenden Montag fand die von uns angeregte Informationsveranstaltung im Reithaus statt. Da waren dann Diskussionen möglich. Dass die Bevölkerung das mitbekommen hat, zeigen die Leserbriefe in der Zeitung und die Mails an uns. Zum Ablauf der Informationsveranstaltung kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Da ist sicherlich einiges verbesserungsbedürftig. Ich hätte es für richtig gehalten, dass man dort auch Fragen zugelassen hätte. Nur muss ich all denen sagen, die das einfordern: man hätte auch keine Zwei- bis Drei-Stunden-Fragerunde machen können. Es wäre sowohl eine Fragerunde in der Versammlung als auch Gespräche mit den anwesenden Vertretern der Stadtverwaltung in kleinerem Kreis richtig gewesen. Die Vertreter der Verwaltung waren oft nicht erkennbar. Um Sie, Herr Oberbürgermeister, war jeweils eine große Traube von Personen. Um die anderen Vertreter der Stadt waren weniger Leute. Die Vertreter der Stadt müsste man das nächste Mal mit einer auffallenden Weste oder in anderer Form erkennbarer machen. Bei den Begehungen der Stadtbahnstrecke LUCIE ist das der Fall.

Ich fasse zusammen: Das ist nicht im Eiltempo durchpeitscht worden, sondern Diskussionen waren möglich. Von den angesprochenen Punkten sind auch welche aufgegriffen worden. Ein Beispiel: In Hoheneck haben wir uns selbst vor Ort ein Bild von der Situation gemacht. Die Hohenecker sagen uns dort, am liebsten wäre uns, wenn überhaupt kein Container kommt. Wenn es aber schon sein muss, ist der westliche Parkplatz geeigneter. Das wird jetzt vorgeschlagen. Auch da wird es Gegner geben. Aber unter den dort möglichen Gegebenheiten ist der jetzt vorgeschlagene Standort besser.

Dann wird gesagt, bei Standorten neben einer Grundschule sind Sicherheitsbedenken vorhanden. Auch das nehmen wir sehr ernst. Wir wollen, dass diese Themen offen angesprochen und nicht verschwiegen werden. Wir wollen nicht bagatellisieren, wir wollen aber auch nicht dramatisieren. Sicherheit ist uns ein ganz wichtiger Punkt.

Vor jeder Inbetriebnahme einer Flüchtlingsunterkunft wird eine dezentrale Bürgerinformation durchgeführt. Dort können dann noch offene Fragen, die den jeweiligen Standort betreffen, behandelt werden, insbesondere auch offene Fragen zum Sicherheitskonzept. Das haben Sie, Herr Oberbürgermeister, vorhin nochmals bestätigt. Neben der Stadt ist aber auch der Arbeitskreis Asyl gefordert. Die Unterbringung von Flüchtlingen in den einzelnen Stadtteilen ist transparent in der Gemeinderatsvorlage 182/23 aufgeführt. Dort steht, wie viele Plätze in den Unterbringungsarten zur Verfügung stehen, wenn die Standorte, die heute zur Diskussion stehen, beschlossen werden.

Grünbühl-Sonnenberg und Hoheneck liegen von den Außenstadtbezirken an vorderster Stelle. Noch mehr Flüchtlinge sind in der Südstadt untergebracht, das ist kein eigener Stadtbezirk. Die Aussagen der Verwaltung, dass bei möglicherweise weiteren Standorten diese Stadtteile nachrangig behandelt werden, halten wir für richtig, insbesondere auch für die Südstadt.

Dann wird argumentiert: 100 Personen in einer Unterkunft seien zu viel. Wir haben bisher in Ludwigsburg zurecht auf kleine Einheiten gesetzt. Andere Kommunen haben schon lange größere Einheiten. Wir hatten das auch einmal im Gebiet Sonnenberg. Dort waren 200 Menschen in einer Unterkunft. Ich weiß von einer anderen Kommune in unserer Nähe, da sind auch Einheiten über 200 Personen ausgewiesen. 100 Personen sind sicherlich sehr viel, aber in der jetzigen Situation sehen wir dazu keine Alternative.

Wir haben uns auch überlegt, ob wir heute ein Zeichen setzen und die Vorlage ablehnen sollen – soll doch die Ampel-Koalition in Berlin sehen, wo sie die Flüchtlinge unterbringt. Nur: so einfach ist es das leider nicht. Wir sind hier auf der unteren Ebene. Wir wollen nicht Recht brechen, uns verweigern und damit keine Verantwortung übernehmen. Denn die Flüchtlinge sind nicht irgendwelche abstrakte Wesen, sondern das sind Menschen, die hier sind. Sie sind teilweise unter falschen Voraussetzungen zu uns gekommen und teilweise durch Schlepperorganisationen in die Irre geführt worden. Aber sie sind jetzt nun mal da und wir müssen sie einigermaßen vernünftig unterbringen.
Wenn ich so die Quadratmeterzahlen höre – also ich weiß noch von meinen Großeltern, die hatten 1946 zwei Jahre lang zu viert auf 16 Quadratmetern wohnen müssen. Das waren große Probleme nach der Vertreibung und zunächst ohne jegliche Zukunftsaussicht. Also: die Unterbringung der Flüchtlinge ist hier in Ludwigsburg durchaus vernünftig angelegt.

Das Ganze wird sich möglicherweise noch verschärfen, nachdem Pforzheim, Böblingen und auch Ludwigsburg eine Landeserstaufnahmeeinrichtung ablehnen und das Land keine Standorte für diese Einrichtungen mehr findet. Möglicherweise wird es keine Erstaufnahmeeinrichtungen mehr geben, dann werden die Zuweisungen direkt in die Kommunen erfolgen.

Wenn wir heute keine Containerstandorte beschließen, was ist dann die Folge? Dass wir in kurzer Zeit Hallen belegen müssen. Das geht dann zu Lasten des Sportunterrichts an Schulen und zu Lasten des Vereinssports. Wollen Sie, dass die Mehrzweckhalle in Oßweil belegt wird, statt eines Containerbaus? Denn die Menschen sind ja da, wir müssen etwas machen. Wir wollen in der Abwägung zwischen Containerbau und Hallenbelegung keine Hallen belegen. Niemand kann allerdings garantieren, was in einem halben oder dreiviertel Jahr notwendig ist, wenn sich in Berlin nichts ändert.

Noch eine weitere Bemerkung, das möchte ich durchaus auch ansprechen: Durch diese Containerstandorte fallen 250 Parkplätze weg. Das gefällt uns natürlich auch nicht, da die Autos ja irgendwo parken müssen. Den Grünen ist das recht, zumindest den Ludwigsburger Grünen, aber uns nicht. In der Abwägung der Vor- und Nachteile, sind wir bereit, diese Lösung mitzugehen. Es ist auch richtig, dass keine Cubes gebaut werden, wie es die Grünen einmal angesprochen haben. Diese wären dann dauerhaft und die Parkplätze wären dauerhaft weg. Es ist richtig, dass man Container baut, die wieder abgebaut werden können. Die Mehrheit unserer Fraktion wird heute zustimmen, mit der klaren Ansage an die Bundespolitik in Berlin, die Flüchtlingspolitik zu ändern. Diejenigen, die die heutige Situation verursacht haben, sitzen nicht in Ludwigsburg, sondern in Berlin. Eine Lösung des Problems auf Dauer ist nur in Sicht, wenn sich SPD und Grüne auf Bundesebene endlich bewegen, den Flüchtlingszuwachs einzudämmen. Frankreich nimmt weniger Flüchtlinge auf, als ganz Baden-Württemberg.

Wir brauchen in Berlin eine Politik, damit diejenigen, die heute unzufrieden und enttäuscht sind, es nicht mehr sind, und damit kein Grund mehr gegeben ist, radikal zu wählen.
Vorschläge liegen auf dem Tisch. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion hat dieser Tage den Vorschlag gemacht, dass man Menschen, die im Meer am Ertrinken sind, rettet, aber dann in Häfen bringt, nämlich dorthin, wo sie herkommen, und dass man das individuelle Grundrecht auf Asyl, das es in Europa nur in Deutschland gibt, in eine gesamteuropäische Asyl-Gesetzgebung überführt. Die finanziellen Leistungen an Geflüchtete sind nirgends so hoch wie in Deutschland. Das alles sind die falschen Anreize. Vorschläge zur Verringerung der Flüchtlingszahlen liegen also auf dem Tisch.

Die SPD hat sich dankenswerterweise vor 25 Jahren, als wir ähnliche Probleme hatten, bewegt. Damals sind die Republikaner in mehrere Parlamente eingezogen, auch in diesen Gemeinderat. Durch die damals vernünftige Haltung der SPD, konnte man das Problem in den Griff bekommen. Die radikalen Republikaner sind aus den Parlamenten und aus den Gemeinderäten verschwunden.

Die Lage kann sich nur verbessern, wenn die Hilferufe aus den Kommunen – und auch aus Ludwigsburg – endlich in der Bundespolitik ankommen und gehört werden. Wir schaffen das schon lange nicht mehr, so wie wir uns das einmal gedacht haben. Deshalb sind Lösungen dringend nötig. Die Kommunen dürfen nicht weiter alleine gelassen werden.

Hinweis: Cube 11 der Wohnungsbau Ludwigsburg: Mehrfamilienhaus/Geschosswohnungsbau als modulare Massivholzkonstruktion mit niedrigem Energiebedarf (KfW Effizienzhaus 55), aber vergleichsweise hohen Baukosten Die höheren Baukosten sind u. a. auf die modulare und flexible Bauweise zurückzuführen.